Vintage-Kamera: Miranda dx-3
Letzte Kamera des renommierten, japanischen Kameraherstellers - stabil mit kleinen Fehlern im Finish.
Die Miranda dx-3
Vermutlich war ich noch zu jung, als diese japanische Marke ein echter Mitbewerber zu Nikon, Canon, Leica, Olympus & Co. war. In den 1950er und 1960er Jahren hat sich die Miranda Camera Co., Ltd., einen guten Namen gemacht mit schweren, mechanischen Kameras bester Qualität. Viele feinmechanische Gimmicks machten die Mirandas zu besonderen Kameras, so dass sie sich gut von ihren Wettbewerbern abhoben. Bekannt waren die Kameras besonders in Japan und den USA, in Europa und besonders in Deutschland spielte die Marke eine Außenseiterrolle.
Anfang der 1970er Jahre hielt in der Kameratechnik die Elektronik Einzug. Alle Kamerahersteller bauten ihre vorhandenen Modelle von den mechanischen Verschlüssen auf elektronisch gesteuerte mit integrierter Belichtungsmessung um. Auch große Marken wie Canon hätten den Schwenk fast verpasst und kamen seinerzeit ins Straucheln, die Konkurrenz bei den neuen, elektronischen Modellen war enorm.
Im Jahre 1975 entschied sich Miranda zum Bau eines preisgünstigen Modells, der Miranda dx-3 (welchen Hintergrund diese Abkürzung hat, konnte ich noch nicht herausfinden). Die Kamera ist ein Zwitter aus stabiler Mechanik in einem schweren Messinggehäuse und raffinierter Elektronik. Auf bekannte Miranda-Besonderheiten wie einen Wechselsucher hat man hier verzichtet. Leider haben Marketing und Rotstift wohl einen erheblichen Einfluss bei der Entwicklung dieser Kamera gehabt, so finden sich an der Kamera diverse Schlampereien. Die Rückwand klappert gern. Der Stellhebel für den Selbstauslöser ist aus einfachstem Kunststoff und so zart gebaut, dass er bei fast allen dx-3 fehlt, die Abdeckkappe des externen Blitzanschlusses geht sehr gern verloren. Diesen Widerspruch aus alter und neuer Technik und die aufkommenden Beschwerden wegen schlechter Verarbeitung führten Miranda 1976 in die Insolvenz.
Kamera und Technik
Meine Miranda dx-3 mit Auto Miranda EC 50mm 1.8 ist mir zugelaufen, weil sie schon Jahre nicht benutzt wurde und ihr Dasein unbeachtet in einem Schrank fristete. Sie ist schwarz, es gab auch eine schicke Chromversion. Sie ist schwer, sehr schwer, über 830 Gramm, die Mechanik rummst und bumst, die LED's im Sucher leben. Der Vorbesitzer hat sie gut behandelt, sie steckte in einem Ledercase (wie man das früher so hatte) und scheuerte sich darin über die Jahre die schwarze Farbe von ihrem Messingkörper ab, so dass an den Ecken das Metall gelblich durchblitzt. Das schien dem Vorbesitzer wohl nicht gefallen zu haben, so malte er die Stellen mit Edding (o.ä.) über. Die "Restaurierung" ließ sich mit etwas Mühe und Lösungsmitteln wieder gut entfernen, jetzt ist sie sauber und vintage. Leider hat auch sie die Sollbruchstelle aller dx-3, den unterdimensionierten Plastikhebel des Selbstauslösers. Einmal konnte ich ihn noch vorsichtig drehen, dann brach er in Stücke. Auch die Abdeckung für den Blitzanschluss habe ich bei der ersten Fototour verloren.
Das Objektiv ist sauber, hat kaum Staubeinschlüsse, keine Trübung, kein Pilz. Die Springblende geht leicht, der Entfernungsring läuft satt (was einigen zu schwer ist), der Blendenregler klickt leise beim Drehen. Alles topp!
Die Miranda dx-3 ist eine vollständig manuelle Kamera mit integriertem Belichtungsmesser. Ihr Tuchverschluss erlaubt Belichtungszeiten von 4 (!) bis 1/1000s und B. Viele technische Besonderheiten heben diese einfache und kleinste Miranda von ihren Mitbewerbern ab:
- Body aus Messing oder stabilen Blechen (Rückwand)
- doppeltes Objektiv-Bajonett, eines für Miranda-Bajonett und eines für M44-Gewinde-Bajonett (nicht M42!)
- sehr großer, heller Sucher
- einfache Entfernungseinstellung mit besonderem Mikroprisma
- mechanische (!) Übertragung von Belichtungszeit (links) und Blende (rechts) in den Sucher
- Belichtungswaage unten im Sucher
- Verwackelungswarnungs-LED rechts im Sucher
- Arbeitsblende am Objektiv einzustellen
- Einsteller für die erforderliche Korrektur der Belichtungsmessung bei Arbeitsblende oder älteren Miranda-Objektiven
- Belichtungsmessung mit Schwerpunkt in der Mitte und der unteren Hälfte - die Belichtung für Hochkantfotos sollte daher zunächst in Horizontallage gemessen und die Kamera erst dann gedreht werden
- kein Sichtfenster im Rückdeckel, dafür ein Merkrädchen mit Filmtypen usw. beim Rückspulknopf
- Öffnung des Rückdeckels nicht durch Ziehen am Rückspulknopf sondern mittels eines seitlichen Hebelchens
- LOCK-Hebelchen, um versehentliches Auslösen zu verhindern
- Anschlüsse für externe Kabelblitzgeräte und einen Winder
- Betrieb mittels vier (!) SR44, die nebeneinander im Unterboden sitzen
- die Streulichtblende ist im Objektiv integriert und kann herausgezogen werden
- sogar der Objektivdeckel ist anders, er hat nur einen Halteknopf
Diese und viele andere Besonderheiten der dx-3 kann man in dem Verkaufsprospekt sehen.
Die Miranda dx-3 in der Praxis
Die gemessenen Zeiten waren realistisch, die Auslösezeiten (Klicks) ließen eine entsprechend korrekte Auslösung vermuten. Die vier SR44 wurden eingesetzt, ein Kodak 200 Farbfilm eingelegt. Der Graufilter ND4 (-2 Blenden) für Fotos mit Offenblende durfte bei dem Wetter nicht fehlen.
Auf meinem Weg durch die Nachbarstraßen erwies sich die schwere Kamera als sehr angenehmer Partner. Leichte Einstellung von Fokus und Belichtung, es macht Spaß, mit ihr zu fotografieren. Einzig der Graufilter verdunkelte das ansonsten sehr helle Sucherbild sehr stark, so dass ich leider zweimal bei Blende 1.8 nicht den Fokus traf. Alle Fotos sind aber technisch korrekt, keine Fehlschüsse, das ist bei erster Benutzung einer so alten Kamera selten. Leider hakte der Filmtransport einmal, entweder ein Kameraproblem, die Filmhülse war schwergängig oder ich habe zu hektisch gedreht. Es sind sehr gut belichtete, scharfe Fotos entstanden, was auf eine hohe Qualität der Optik hinweist.
Links
Weitere Einzelheiten zu der Kamera bekommt man hier (Auswahl):
- Download der Bedienungsanleitung bei butkus.org
- Miranda dx-3 bei Camera-Wiki (englisch) ...
man beachte den fehlenden Hebel des Selbstauslösers! - Mike Eckmann auf mikeeckman.com über die Miranda dx-3
- Simon Hawkett auf simonhawketts.co.uk über die Miranda dx-3
Einzelheiten zum Kamerahersteller Miranda
- Miranda Camera KK auf Wikipedia
- Miranda bei Camera-Wiki (englisch)
- Miranda bei Camerapedia (englisch)
- Miranda auf digicammuseum.de
- Miranda auf klassik-cameras.de
Fazit
Im Netz ist zu lesen, dass viele dieser Kameras nicht funktionieren. Meine funktioniert blendend - wenn man von den Meriten aller dx-3 bei Selbstauslöser etc. einmal absieht. Die Fotos sind erstaunlich gut.
Sie ist verkauft, weil ich mich analog auf Nikon konzentriere.