Vintage-Kamera: Minox 35 GL

Minox Antwort auf die Rollei 35 - die taschenfreundliche Kleinbild-Sucherkamera im Zigarettenschachtelformat.

Minox 35 GL

Die Minox 35 GL

Klein, handlich, einfach zu bedienen, verschwindet problemlos in jeder Hemdtasche.

Früher, ja früher ... da habe ich diesen Winzling, die Minox 35, nur von weitem gesehen. Einerseits war er exotisch, andererseits aber auch zu teuer. Die Ausstattung war minimalistisch und man hatte als junger Mensch einen anderen Blick auf das Thema "Fotografie". Da sollte es schon eine richtige Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven sein, an der man viel herumstellen kann - auch wenn es dann nur eine Revueflex SC2 geworden ist.

Mit der Minox hatte ich bis zum Kauf keinerlei Berührung gehabt. Ich wusste, wie sie aussieht, hatte mir die verschiedenen Versionen angesehen und mich mit der Bedienung anhand der Anleitungen im Internet vertraut gemacht. Alles Theorie!

Im Gegensatz zur Rollei 35 ist der ehemalige Konkurrent Minox 35 im Gebrauchtmarkt zuhauf vertreten und wird meist zu sehr moderaten Preisen gehandelt. In Foren ist sogar zu lesen, dass man eine defekte Minox nicht reparieren lassen sondern einfach gegen eine andere aus dem Gebrauchtmarkt ersetzen soll. Das ist zwar unsentimental aber wirtschaftlich.

Eigentlich prüfe ich Gebrauchtkameras persönlich vor Ort, bevor ich sie kaufe. Im Internet sah ich aber ein Angebot, dem man nicht widerstehen konnte. Auf diesem Foto sieht man das ganze Konvolut, das für unter 50 Euro in mein Eigentum überging. Kamera, Blitz, die Ledertaschen, die Originalverpackung, die Bedienungsanleitung, der Skylightfilter mit integrierter Sonnenblende und der originale Minox-Batteriehalter (!) als Ersatz der nicht mehr hergestellten Quecksilberbatterie. Alles optisch in einem sehr guten Zustand. Die Meriten hätte ich auch bei einer Begutachtung vor Ort nicht erkannt.

Die Minox 35 ist (wie man in den Erfahrungsberichten von Vintage-Fotografen im Internet lesen kann) eine Mimose.

Die zwei CR1/3N-Batterien musste ich erst kaufen, so prüfte ich zunächst den Blitz - erfolglos. Die Kontakte für die zwei AAA-Batterien waren grün von ausgelaufener Batteriesäure. Nach Demontage des Blitzgerätes, Reinigung und Zusammenbau funktioniert es nun einwandfrei. Damit wurde ich zum Vintage-Kamera-Bastler.
An der Minox 35 selbst zeigte der Belichtungsmesser nach Einbau der Batterien logische Werte und der Auslöser klickte. Bis dahin wusste ich aber noch nicht, wie ein Minox-35-Auslöser zu klicken hat!

Also habe ich einen 36er-Farbfilm eingelegt und bin losgezogen. Der Filmtransport (bei der Minox muss man ihn 2x betätigen) ging schwer und der Belichtungsmesser zeigte auch dann noch Werte an, wenn der Verschluss nicht gespannt war. Laut Anleitung soll er nur funktionieren, wenn der Verschluss gepannt ist. Erste Zweifel kamen auf. Als der Film ca. 2/3 durch war, ging der Belichtungsmesser nach dem Auslösen nun öfter korrekt aus und auch das Auslösegeräusch änderte sich. Komisch.

Zu Hause den Film rausgenommen und die Kamera untersucht. Meine Minox 35 GL muss sehr, sehr lange Zeit unbenutzt gewesen sein, alles war schwergängig und der Verschluss ist einfach mal offen geblieben nach Auslösung. Je mehr die Kamera im trockenen Zustand ausgelöst wurde, desto leichter ging der Filmtransporthebel und desto sicherer funktionierte auch der Verschluss. Nach vielen, vielen Malen "Aufziehen - Auslösen" schien alles zu funktionieren. Den Batterien merkte man das schon an.

Vom ersten Film sind 3/4tel nichts geworden, überbelichtet, was sonst. Nach der Gymnastik (für Kamera und Daumen) sollte ein zweiter Film beweisen, ob die Minox 35 GL funktioniert oder ausgetauscht werden muss. Nach dem optischem Zustand hätte sie es verdient zu bleiben.

Von dem zweiten Film, einem 24er, hatte ich ca. 2/3 abfotografiert und die Minox dann für ca. 2 Wochen weggelegt. Danach schloss der Verschluss wieder mehrmals hintereinander nicht. Nach Entnahme des Films und einiger Fingerübungen war alles wieder bestens. Wieder mehrere Wochen weggelegt, Verschluss funktioniert. Puh ...

Nach ca. einem Jahr habe ich den wirklichen Grund der Störung entdeckt. Die kleine Nase am Blitzeinschub für die Blitzsynchronisation ist schwergängig, bleibt irgendwo zwischen "Blitz" und "Nicht-Blitz" hängen, was zu der Fehlfunktion des Verschlusses führt. Da ich nur wenig mit der Minox 35 blitze, nur ein Schönheitsfehler, der gelegentlich in Ordnung gebracht werden kann. Jetzt funktioniert sie verlässlich.

Kamera und Technik

Die Minox 35 ist eine Kleinbild-Sucherkamera mit versenkbarem Objektiv. Sie galt zwischen 1974 und 1995 als die kleinste Serien-Kleinbildkamera der Welt. Vorher hatte die Rollei 35 den Titel, obwohl nur unwesentlich größer aber schwerer. Ab 1996 konnte sich dann die Minolta TC-1 mit diesem Titel schmücken.

Die Minox 35 wurde in ihren diversen Varianten von 1974 bis 1995 gebaut - Made in Germany! Sie ist wie die Rollei 35 eine echte Kultkamera. Das Netz ist voll von Informationen, einige Links sind unten aufgelistet.

Meine Minox 35 GL ist die zweite Version der Kamera, gebaut 1980 (gemäß Seriennummer). Sie unterscheidet sich vom Urmodell durch einen Schiebeschalter zur Gegenlichtkorrektur (Verdoppelung der Zeit bzw. Verlängerung der Belichtung um 1 EV) und der stufenlosen Einstellung der Filmempfindlichkeit. Alle Minox 35 verfügen über eine Belichtungsautomatik mit Blendenvorwahl, spätere Modelle auch über Programmautomatiken. Einzelheiten bei den Links.

Der Blitz Minox FC35 ist optisch und technisch exakt an die Kamera angepasst. Weiteres Zubehör neben Ledertaschen für Kamera und Blitz ist u.a. ein Skylightfilter mit integrierter Gummi-Sonnenblende. War bestimmt nicht billig früher, die Sonnenblende verdeckt aber 1/3 des Sucherbildes. Muss man eigentlich nicht haben.

Das Objektiv mit integriertem UV-Sperrfilter hat eine praktikable Brennweite von 35mm bei einer maximalen Blendenöffnung von 2.8. Die Schärfe ist manuell zu ermitteln und einzustellen. Der Blendenring ist etwas fummelig, bei schönem Wetter reicht eine Schnappschusseinstellung aber aus, da die Tiefenschärfe beachtlich ist. Die Zeitautomatik macht den Rest. Erstaunlich finde ich die einfache Form der Blende mit nur vier Lamellen, sieht aus wie ein Katzenauge.

"Einstecken wie Zigaretten" heißt es in der Bedienungsanleitung. Haptisch tolle Kamera, ein Handschmeichler. Alles rund, es macht Spaß, die Klappe zu bedienen. Mit einem zeitgenössichem Kettchen hängt sie auch unmerklich um den Hals. Leider schränken die 35mm und die Naheinstellgrenze von 90cm die Motivwahl etwas ein.

Die gelungenen Aufnahmen sind gut. Die Zeiten stimmen, die Fotos sehen ordentlich und analog aus. Die Schärfe ist noch o.k., trotz des Farbfilms mit normaler Körnung nicht sehr knackig.

Das Problem mit der Quecksilberbatterie ist bei der Minox 35 keines!

Die Minox 35 GL wird serienmäßig mit einer quecksilberhaltigen Mallory PX27 (5,6V) betrieben. Andere Minox 35 brauchen andere Quecksilberbatterien. Nur die neueren Modelle (M-Serie und GT ab 1988) haben "ungefährliche" Batterien, die auch heute noch verkauft werden.

Im Netz gibt es diverse Lösungsansätze für die GL & Co. Einfachste Lösung ist der Batteriekorb als Originalzubehör von Minox für zwei CR1/3N mit zusammen 6V, den ich mit der Kamera zusammen gekauft habe. Die höhere Spannung als die normalen 5,6V verträgt die Kamera problemlos, weil die Überspannung intern "verbraten" wird. Bevor man einen von den Vorschlägen aus dem Netz probiert, mehrere Knopfzellen zusammenzurollen, kann man eher zu einer 6V-Batterien GoldenPower PX27G, 4AG12, 4LR43, V27PX, PX27E greifen, die vermutlich aus professionell zusammengerollten 1,5V-Knopfzellen bestehen.

Die Belichtung ist mit der 6V-Stromversorgung in Ordnung.

Links

Weitere Einzelheiten zu der Kamera bekommt man hier. Aufgrund der Popularität der Kamera nur eine Auswahl:

Fazit

Sie ist schon ein Prinzesschen - sieht toll aus, die schwache Technik will aber vorsichtig behandelt sein. Die gelungenen Fotos sind o.k, aber mehr nicht. Handliche Kamera mit Schwächen in der Bildqualität.

Man merkt der Minox 35 an, dass sie die Rollei 35 angreifen sollte. Durch die glatte Oberfläche ist sie viel einfacher zu verstauen (auch ohne Kameratasche) und durch die Zeitautomatik mit Blendenvorwahl für den Fotolaien einfacher zu bedienen.

Trotzdem: Im direkten Vergleich mit der Rollei 35 ist sie qualitativ unterlegen. Obwohl meine Rollei nur das Tessar hat, ist die Bildqualität und die technische Verlässlichkeit -auch die Rollei lag lange ungenutzt in der Ecke- erheblich besser.

Da ich jetzt aber um das Problem meiner Minox 35 GL weiß, könnten wir doch noch Freunde werden.


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